Adjektiv
Das Adjektiv, zu deutsch auch Eigenschaftswort oder Wie-Wort ist eine Wortart, in der Wörter zusammengefasst werden, die Eigenschaften von Substantiven beschreiben.
Deklination
Adjektive können in allen drei Kategorien Kasus, Numerus und Genus dekliniert werden. Zusätzlich können Adjektive gesteigert werden. Dabei gibt es im Lateinischen genau wie im Deutschen die Steigerungsformen Positiv, Komparativ und Superlativ.
a- und o-Deklination
Diese Adjektive werden ganz normal nach der a- und o-Deklination dekliniert, wobei die maskulinen und neutralen Formen der o-Deklination und die femininen Formen der a-Deklination folgen.
Es gibt dabei Adjektive, die auf -us enden, so wie magnus[14] (groß) und Adjektive, die auf -er enden, so wie miser[15] (elend) oder pulcher[15] (schön). Bei den letzteren kann man den Stamm nicht ohne weiteres aus der Grundform ableiten, denn manche Adjektive nehmen das -e- mit in den Stamm, während andere es auslassen. So ist der Stamm von miser ebenfalls miser-, der von pulcher ist dagegen pulchr-. Aus den Adjektiv#Lernformen kann man sich erschließen, mit welcher Variante man es zu tun hat.
i- und 3. Deklination
Gleich vorweg: es ist unmöglich, einem Adjektiv anzusehen, ob es zur i- oder zur 3. Deklination gehört. Man muss es auswendiglernen. Glücklicherweise sind es nur sehr wenige Adjektive, die zur 3. Deklination gehören. Dies sind: pauper[39] (arm), dives[38] (reich), vetus[38] (alt), princeps[63] (der erste), compos (beteiligt), superstes (überlebend), sospes (unversehrt) und particeps (teilnehmend).
Zu beachten ist, dass es bei den Adjektiven der i- und 3. Deklination ein-, zwei- und dreiendige Adjektive gibt. Das bedeutet, dass es im Nominativ Singular eine, zwei oder drei unterschiedliche Formen für die drei Geschlechter geben kann:
- Einendig ist zum Beispiel felix[38]. Der Nominativ Singular ist in allen drei Geschlechtern felix.
- Zweiendig ist zum Beispiel dulcis[33]. Der Nominativ Singular ist im Maskulinum und Femininum gleich (dulcis), im Neutrum dagegen abweichend dulce.
- Dreiendig ist zum Beispiel celer[32]. Der Nominativ Singular maskulinum ist celer, femininum celeris und neutrum celere.
Auch die Endigkeit kann man an den Lernformen ablesen.
Steigerung
Für die Steigerung der Adjektive gilt Folgendes:
- Die Formen im Positiv können je nach Adjektiv entweder nach der a- und o- oder nach der i-Deklination dekliniert werden. Wenige Ausnahmen folgen der 3. Deklination. Welche Deklination dies ist, kann man im Wesentlichen an den Lernformen ablesen.
- Die Formen im Komparativ werden immer nach der 3. Deklination gebildet, auch wenn der Positiv nach der a- und o-Deklination gebildet wird. Komparative erkennt man gewöhnlich an einem Stamm, der auf -ior- endet.
- Die Formen im Superlativ werden immer nach der a- und o-Deklination gebildet, auch wenn der Positiv nach der 3. Deklination gebildet wird. Superlative erkennt man gewöhnlich an einem Stamm, der auf -issim- endet.
Beispiel o-Deklination: longus
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Beispiel i-Deklination: fortis
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Beispiel 3. Deklination: dives
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Lernformen
Als Lernformen bezeichnen wir die Formen eines Adjektivs, die in den gängigen Vokabelverzeichnissen angegeben sind und die man veim Vokabellernen mit aufschreiben und mitlernen sollte. Aus diesen Formen kann man sich nämlich alle anderen Formen erschließen.
Es gibt einige Möglichkeiten, wie diese Lernformen aussehen können. Je nachdem, wie sie aussehen, kann man unterschiedliche Schlussfolgerungen ziehen.
- Lernformen bestehen aus drei Formen
- Diese Formen sind immer der Nominativ Singular maskulinum, Nominativ Singular femininum und Nominativ Singular neutrum.
- Formen enden auf -us, -a und -um
- Adjektiv der a-/o-Deklination. Wenn man von der zweiten Form das -a abschneidet, erhält man den Stamm.
- Beispiel: magnus, magna, magnum → der Stamm ist magn-
- Formen enden auf -er, -a und -um
- Adjektiv der a-/o-Deklination. Wenn man von der zweiten Form das -a abschneidet, erhält man den Stamm.
- Beispiel: pulcher, pulchra, pulchrum → der Stamm ist pulchr-
- Beispiel: miser, misera, miserum → der Stamm ist miser-
- Formen enden auf irgendetwas, -is und -e
- Dreiendiges Adjektiv der i- oder 3. Deklination. Wenn man von der zweiten Form das -is abschneidet, erhält man den Stamm.
- Beispiel: acer, acris, acre → der Stamm ist acr-
- Lernformen bestehen aus zwei Formen
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- Formen enden auf irgendetwas und -e
- Zweiendiges Adjektiv der i- oder 3. Deklination. Die erste Form ist der Nominativ Singular maskulinum/femininum, die zweite Form der Nominativ Singular neutrum. Wenn man von der zweiten Form das -e abschneidet, erhält man den Stamm.
- Beispiel: dulcis, dulce → der Stamm ist dulc-
- Formen enden auf irgendetwas und -is
- Einendiges Adjektiv der i- oder 3. Deklination. Die erste Form ist der Nominativ Singular in allen Geschlechtern, die zweite Form der Genitiv Singular. Wenn man von der zweiten Form das -is abschneidet, erhält man den Stamm.
- Beispiel: felix, felicis → der Stamm ist felic-
Kongruenz
Gewöhnlich steht ein Adjektiv mit einem Bezugswort, in der Regel einem Substantiv. Im Deutschen erkennt man den Bezug daran, dass das Adjektiv zwischen dem Artikel und dem Substantiv und im selben Kasus, Numerus und Genus (KNG-Kongruenz) steht: das große Haus.
Im Lateinischen ist die Wortstellung deutlich freier, hier kann man die Bezüge nur an der KNG-Kongruenz erkennen.
Kleiner Mann lebt in großer Villa
Die Endungen von kleiner und großer sind gleich. Nur aufgrund der Wortstellung können wir die Bezüge erkennen. Würde man den Satz umstellen zu Großer Mann lebt in kleiner Villa, hätte er eine ganz andere Bedeutung.
Vir parvus in villa magna habitat.
Nur die Begriffspaare vir parvus und magna villa sind kongruent. Deswegen kann der Satz auch problemlos zu Vir magna in villa parvus habitat
umgestellt werden, ohne seine Bedeutung zu verlieren.
Daraus ergibt sich eine stilistische Besonderheit im Lateinischen: Bezugswörter und ihre Adjektive können mitunter sehr weit voneinander entfernt stehen. Dieses Stilmittel heißt Hyperbaton. Der obige Beispielsatz Vir magna in villa parvus habitat
ist ein solches Hyperbaton.
Substantivierung
Adjektive können auch ohne Bezugswort stehen. In diesem Fall werden sie wie Substantive behandelt.