Formale Grammatik: Unterschied zwischen den Versionen

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Zusätzlich zu den Symbolen des Alphabets der Sprache, die hier '''Terminalsymbole''' genannt werden, werden hier noch so genannte '''Nicht-Terminalsymbole''' eingeführt. Wenn alle Nicht-Terminalsymbole nach den Regeln der Grammatik zu den Terminalsymbolen eines Wortes abgeleitet werden können, entspricht dieses Wort den Regeln der Grammatik und gehört damit zu der dazugehörigen Sprache. Jede Regel entspricht der Form <code>X ::= Y</code>, lies: "X kann zu Y abgeleitet werden". <code>X</code> muss dabei ein Nichtterminalsymbol sein<ref>Wir beschränken uns hier der Einfachheit halber auf so genannte ''kontextfreie Grammatiken''. Andere Grammatiken gestatten mehr Freiheiten für <code>X</code>.</ref>, <code>Y</code> darf beliebig viele Nicht- und Terminalsymbole enthalten.
Zusätzlich zu den Symbolen des Alphabets der Sprache, die hier '''Terminalsymbole''' genannt werden, werden hier noch so genannte '''Nicht-Terminalsymbole''' eingeführt. Wenn alle Nicht-Terminalsymbole nach den Regeln der Grammatik zu den Terminalsymbolen eines Wortes abgeleitet werden können, entspricht dieses Wort den Regeln der Grammatik und gehört damit zu der dazugehörigen Sprache. Jede Regel entspricht der Form <code>X ::= Y</code>, lies: "X kann zu Y abgeleitet werden". <code>X</code> muss dabei ein Nichtterminalsymbol sein<ref>Wir beschränken uns hier der Einfachheit halber auf so genannte ''kontextfreie Grammatiken''. Andere Grammatiken gestatten mehr Freiheiten für <code>X</code>.</ref>, <code>Y</code> darf beliebig viele Nicht- und Terminalsymbole enthalten.


=== Beispiel ===
{{Beispiel|1=<syntaxhighlight lang="bnf" line="1">
<syntaxhighlight lang="bnf" line="1">
<RoemischeZahl> ::= <Tausender> <Hunderter> <Zehner> <Einer>
<RoemischeZahl> ::= <Tausender> <Hunderter> <Zehner> <Einer>
<Tausender>    ::= M <Tausender> | ε
<Tausender>    ::= M <Tausender> | ε
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<Zehner>        ::= X | XX | XXX | XL | L | LX | LXX | LXXX | XC | ε
<Zehner>        ::= X | XX | XXX | XL | L | LX | LXX | LXXX | XC | ε
<Einer>        ::= I | II | III | IV | V | VI | VII | VIII | IX | ε
<Einer>        ::= I | II | III | IV | V | VI | VII | VIII | IX | ε
</syntaxhighlight>Diese Regeln bedeuten Folgendes:
</syntaxhighlight>
Diese Regeln bedeuten Folgendes:


# Eine <code><RoemischeZahl></code> besteht aus einer <code><Tausender></code>-, einer <code><Hunderter></code>-, einer <code><Zehner></code>- und einer <code><Einer></code>-Stelle ''in dieser Reihenfolge''.
# Eine <code><RoemischeZahl></code> besteht aus einer <code><Tausender></code>-, einer <code><Hunderter></code>-, einer <code><Zehner></code>- und einer <code><Einer></code>-Stelle ''in dieser Reihenfolge''.
# Die <code><Tausender></code>-Stelle ist ''entweder'' leer – dafür steht das <code>ε</code> – ''oder'' besteht aus einem <code>M</code>, gefolgt von noch mehr <code><Tausender></code>n, die aber auch leer sein dürfen. Der senkrechte Strich <code>|</code> steht für das ''oder''.
# Die <code><Tausender></code>-Stelle ist ''entweder'' leer – dafür steht das <code>ε</code> – ''oder'' besteht aus einem <code>M</code>, gefolgt von noch mehr <code><Tausender></code>n, die aber auch leer sein dürfen. Der senkrechte Strich <code>{{!}}</code> steht für das ''oder''.
# Die <code><Hunderter></code>-Stelle ist entweder ein <code>C</code>, ein <code>CC</code>, ... ein <code>CM</code> oder leer.
# Die <code><Hunderter></code>-Stelle ist entweder ein <code>C</code>, ein <code>CC</code>, ... ein <code>CM</code> oder leer.
# Die <code><Zehner></code> und die <code><Einer></code> funktionieren genau wie die Hunderter.
# Die <code><Zehner></code> und die <code><Einer></code> funktionieren genau wie die Hunderter.
}}


=== Syntax ===
== Syntax ==
{| class="wikitable"
{| class="wikitable"
|+
|+
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|Der senkrechte Strich trennt zwei Optionen, von denen nur eine gewählt werden kann.
|Der senkrechte Strich trennt zwei Optionen, von denen nur eine gewählt werden kann.
|-
|-
|<code>ε</code>
|ε steht für das ''leere Symbol'', das Nichts.
|ε steht für das ''leere Symbol'', das [[Null|Nichts]].
|-
|-
|<code><A> ::= ???</code>
|<code><A> ::= ???</code>
|Ersetze <code><A></code> durch <code>???</code>
|Ersetze <code><A></code> durch <code>???</code>
|}
|}
{{Achtung|Das leere Symbol ε ist kein Leerzeichen! ε bedeutet, dass an dieser Stelle [[Null|''gar kein Zeichen'']] steht und das Leerzeichen ''ist'' ein Zeichen!}}


=== Ableitung von Wörtern aus den Regeln ===
== Ableitung von Wörtern aus den Regeln ==
Durch wiederholte Anwendung der Regeln einer Grammatik kann aus einem Nichtterminalsymbol ein vollständiges Wort abgeleitet werden, das keine Nichtterminalsymbole mehr enthält, z.B. aus dem Nichtterminalsymbol <code><RoemischeZahl></code> das Wort <code>MMXXIII</code>.
Durch wiederholte Anwendung der Regeln einer Grammatik kann aus einem Nichtterminalsymbol ein vollständiges Wort abgeleitet werden, das keine Nichtterminalsymbole mehr enthält, z.B. aus dem Nichtterminalsymbol <code><RoemischeZahl></code> das Wort <code>MMXXIII</code>.
{| class="wikitable"
{| class="wikitable"
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Zur Visualisierung der Ableitung zeichnet man '''[[Baum (Datenstruktur)|Ableitungsbäume]]''':
Zur Visualisierung der Ableitung zeichnet man '''[[Baum (Datenstruktur)|Ableitungsbäume]]''':


{{#mermaid:graph TD
<mermaid>
graph TD
rz("<code>&lt;RoemischeZahl&gt;</code>") --- t1("<code>&lt;Tausender&gt;</code>") & h("<code>&lt;Hunderter&gt;</code>") & z("<code>&lt;Zehner&gt;</code>") & e("<code>&lt;Einer&gt;</code>")
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t1 --- m1("<strong><code>M</code></strong>")  
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e --- iii("<strong><code>III</code></strong>")
e --- iii("<strong><code>III</code></strong>")
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</mermaid>


Die letztendlich abgeleiteten Terminalsymbole stehen dann unten in den Blättern des Baumes.
Die letztendlich abgeleiteten Terminalsymbole stehen dann unten in den Blättern des Baumes.


== Zum Weiterlesen ==
== Zum Weiterlesen ==
* [https://inf-schule.de/automaten-sprachen/sprachenundautomaten/sprachbeschreibung/grammatiken Sprachbeschreibungen mit Grammatiken bei inf-schule.de 🇩🇪]
* {{Inf-Schule|4.2.2.2|Sprachbeschreibungen mit Grammatiken}}
 
== Fußnoten==
<references/>


[[Kategorie:Informatik]]
[[Kategorie:Informatik]]
[[Kategorie:Sprache]]
[[Kategorie:Sprache]]
[[Kategorie:Theoretische Informatik]]
[[Kategorie:Theoretische Informatik]]
[[Kategorie:Grammatik]]

Aktuelle Version vom 16. September 2024, 06:06 Uhr

Eine formale Grammatik ist ein mathematisches Werkzeug, um formale Sprachen zu beschreiben.

Eine Grammatik besteht aus einer Reihe von Regeln, nach denen sich die Wörter der Sprache ableiten lassen. Zusätzlich zu den Symbolen des Alphabets der Sprache, die hier Terminalsymbole genannt werden, werden hier noch so genannte Nicht-Terminalsymbole eingeführt. Wenn alle Nicht-Terminalsymbole nach den Regeln der Grammatik zu den Terminalsymbolen eines Wortes abgeleitet werden können, entspricht dieses Wort den Regeln der Grammatik und gehört damit zu der dazugehörigen Sprache. Jede Regel entspricht der Form X ::= Y, lies: "X kann zu Y abgeleitet werden". X muss dabei ein Nichtterminalsymbol sein[1], Y darf beliebig viele Nicht- und Terminalsymbole enthalten.

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Beispiel
<RoemischeZahl> ::= <Tausender> <Hunderter> <Zehner> <Einer>
<Tausender>     ::= M <Tausender> | ε
<Hunderter>     ::= C | CC | CCC | CD | D | DC | DCC | DCCC | CM | ε
<Zehner>        ::= X | XX | XXX | XL | L | LX | LXX | LXXX | XC | ε
<Einer>         ::= I | II | III | IV | V | VI | VII | VIII | IX | ε

Diese Regeln bedeuten Folgendes:

  1. Eine <RoemischeZahl> besteht aus einer <Tausender>-, einer <Hunderter>-, einer <Zehner>- und einer <Einer>-Stelle in dieser Reihenfolge.
  2. Die <Tausender>-Stelle ist entweder leer – dafür steht das εoder besteht aus einem M, gefolgt von noch mehr <Tausender>n, die aber auch leer sein dürfen. Der senkrechte Strich | steht für das oder.
  3. Die <Hunderter>-Stelle ist entweder ein C, ein CC, ... ein CM oder leer.
  4. Die <Zehner> und die <Einer> funktionieren genau wie die Hunderter.

Syntax

Syntaxelement Erläuterung
<Symbol> Nichtterminalsymbole setzt man in spitze Klammern.
Sekt | Selters Der senkrechte Strich trennt zwei Optionen, von denen nur eine gewählt werden kann.
ε ε steht für das leere Symbol, das Nichts.
<A> ::= ??? Ersetze <A> durch ???
⚠️
Achtung

Das leere Symbol ε ist kein Leerzeichen! ε bedeutet, dass an dieser Stelle gar kein Zeichen steht und das Leerzeichen ist ein Zeichen!

Ableitung von Wörtern aus den Regeln

Durch wiederholte Anwendung der Regeln einer Grammatik kann aus einem Nichtterminalsymbol ein vollständiges Wort abgeleitet werden, das keine Nichtterminalsymbole mehr enthält, z.B. aus dem Nichtterminalsymbol <RoemischeZahl> das Wort MMXXIII.

Ableitungsschritt von... ... nach... Angewandte Regel
<RoemischeZahl> <Tausender><Hunderter><Zehner><Einer> <RoemischeZahl> ::= <T><H><Z><E>
<Tausender><Hunderter><Zehner><Einer> M<Tausender><Hunderter><Zehner><Einer> <Tausender> ::= M<Tausender>
M<Tausender><Hunderter><Zehner><Einer> MM<Tausender><Hunderter><Zehner><Einer> <Tausender> ::= M<Tausender>
MM<Tausender><Hunderter><Zehner><Einer> MM<Hunderter><Zehner><Einer> <Tausender> ::= ε
MM<Hunderter><Zehner><Einer> MM<Zehner><Einer> <Hunderter> ::= ε
MM<Zehner><Einer> MMXX<Einer> <Zehner> ::= XX
MMXX<Einer> MMXXIII <Einer> ::= III

Die Reihenfolge dieser Ableitungsschritte ist nicht fest, man hätte auch zuerst die <Einer> zu III ableiten können.

Zur Visualisierung der Ableitung zeichnet man Ableitungsbäume:

graph TD rz("<code>&lt;RoemischeZahl&gt;</code>") --- t1("<code>&lt;Tausender&gt;</code>") & h("<code>&lt;Hunderter&gt;</code>") & z("<code>&lt;Zehner&gt;</code>") & e("<code>&lt;Einer&gt;</code>") t1 --- m1("<strong><code>M</code></strong>") t1 --- t2("<code>&lt;Tausender&gt;</code>") t2 --- m2("<strong><code>M</code></strong>") t2 --- t3("<code>&lt;Tausender&gt;</code>") t3 --- eps1("<code>ε</code>") h --- eps2("<code>ε</code>") z --- xx("<strong><code>XX</code></strong>") e --- iii("<strong><code>III</code></strong>") classDef node stroke:none,fill:none;

Die letztendlich abgeleiteten Terminalsymbole stehen dann unten in den Blättern des Baumes.

Zum Weiterlesen

Fußnoten

  1. Wir beschränken uns hier der Einfachheit halber auf so genannte kontextfreie Grammatiken. Andere Grammatiken gestatten mehr Freiheiten für X.